Kleines Nilltal - Ein herber Abstieg von der Bonn-Matreier Hütte

Der Wetterbericht meldet Altweibersommer und ideales Bergwetter. Gerade recht für einen frühen Aufstieg zur Bonn-Matreier Hütte. Ich habe den Rucksack bereits am Abend zuvor gepackt, verstaue nur noch die restlichen Kleinigkeiten und bin um neun Uhr am Parkplatz unterhalb der Bodenalm.

Endlich ein Dreitausender in diesem Jahr, denke ich angesichts des prognostizierten Wetters, steige in die Bergstiefel und stapfe ganz langsam bei 10° C los. Nein, es beginnt zu regnen! «Nebelreißen» denke ich, aber während ich den Wald zur Nilljochhütte entlang schnaufe, reichen die spärlichen aber stetigen Regentropfen für eine allmähliche Durchnässung.

Ich bin sauer und mache erst einmal auf der Nilljochhütte Rast. Von Hinterbichl her glänzt ein farbenprächtiger Regenbogen herauf, ein Indiz dafür, dass die Sonne vielleicht doch noch ein Wörtchen mitsprechen will.

Eine halbe Stunde später hört der Regen auf, ich gehe weiter.

Das Wetter kann sich nicht so recht entscheiden. Erst gehe ich im T-Shirt, dann versteckt sich die Sonne wieder und ich ziehe etwas über. So wird es heute den ganzen Tag gehen!

In den üblichen zwei Stunden erreiche ich die Bonn-Matreier Hütte. Es ist schweinekalt, und nachdem ich mich umgezogen habe, halte ich mich erst einmal eine ganze Zeitlang in der leicht geheizten Hütte auf. Unschlüssig. Nach einem Bier und einer Gulaschsuppe schaue ich wieder draußen nach. Rauhkopf und Sailkopf wechseln sich mit ihren Verhüllungen ab. Da der Wind unangenehm pfeift und die Fernsicht eher mäßig ist, verzichte ich auf die anstrengende Tour auf einen der beiden Köpfe. Ich habe ja noch etwas in petto! Zwar neige ich zunächst dazu, den Höhenweg in Richtung Eisseehütte zu gehen, aber irgendwie ist mir das heute zu weit, ich beschließe, stattdessen über einen anderen Weg abzusteigen.

Ich gehe ein paar Schritte in Richtung Kälberscharte und biege dann auf den AV-Weg 923 ab, der abwärts durch das kleine Nilltal gegen die Gottschaunalm führt.

Schon nach wenigen Minuten überwältigt mich die Wildheit dieser Gegend. Unterhalb der Strichwand mit der Hütte zieht sich der Weg ohne wesentlichen Höhenverlust zunächst über eine Steinwüste, dann über eine mit Felsbrocken übersäte Hochwiese. Eine harmlose Scharte bringt zusätzliche Wildheit, lädt zum Verweilen, denn auf beiden Seiten des Wegs thronen zwei Felstürme, die leicht erstiegen werden können (aber Vorsicht: nur für wirklich Geübte!!!). Es geht jetzt ein paar Meter über einen herausgesprengten Steig, der jedoch breit und harmlos ist. Noch immer verläuft der Weg in etwa 2.600m Höhe! Endlich geht es bergab – und das aber gleich heftig. Nach einem moränenartigen Rücken drückt ein Steilabstieg über holprigen Steig schwer in die Knochen. Es gibt kaum ein Anhalten, der Weg zieht mich automatisch nach unten.

Unten zeigt der Höhenmesser das Niveau der Nilljochhütte, aber leider führt der Weiterweg erst einmal wieder hundert Meter über diese Station. Jetzt wird es auch wieder heiß, und die letzte halbe Stunde schlaucht mächtig. Aber ein wunderschöner Herbstspätnachmittag auf der Sonnenterrasse versöhnt mich zuletzt.